Von ICC-Redakteurin Mateja Mogus
Während derzeit heftig über Chinas einstelliges Wirtschaftswachstum diskutiert wird, befindet sich insbesondere eine Industrie im Expansionskurs.Die Rede ist von Chinas Filmindustrie, die mit einem jährlichen Wachstum von 17 Prozent regelrecht durch die Decke geht. In Zeiten von schwächelnder Konjunktur und breiter Unzufriedenheit entsteht zwar ein guter Nährboden für Superhelden, Blockbuster und Happy-Ends, doch die Gründe für Chinas Boom in der Filmindustrie werden damit nur ungenügend erklärt. Welche Faktoren also sind es, welche China zum neuen Riesen in der Filmindustrie machen könnten?
Kapital und Kreativität im Reich der Mitte
Während in den USA eine Superhelden-Reihe nach der anderen gedreht wird und somit immer weniger Platz für kleinere Filmprojekte und unkonventionelle Drehbücher bleibt, zieht es viele Regisseure und Schauspieler ins Reich der Mitte, wo nicht nur Kapital sondern auch neue Quellen der Inspiration und Kreativität im Überfluss vorhanden sind. Alibaba Pictures, ein Tochterunternehmen der Alibaba Group, investierte unter anderem in Filmprojekte wie „Mission: Impossible – Rogue Nation“, „Teenage Mutant Ninja Turtles“ und „Start Trek Beyond“. Sowohl die Investitionen chinesischer Firmen in amerikanische Filmprojekte als auch die Einnahmen an den chinesischen Abendkassen lassen China eine zunehmend wichtigere Rolle im internationalen Filmgeschäft einnehmen. Immer mehr amerikanische Filmstudios versuchen daher den chinesischen Markt ins Visier zu nehmen . Als Beispiel kann der Film „Die Unfassbaren 2“ dienen, der im August 2016 in Deutschland anläuft. Mit Drehorten in Macau und dem Einbinden von bekannten Schauspielern aus dem chinesischsprachigen Raum wie Jay Chou 周杰伦 verspricht der Film auch viele Chinesen in die Kinos zu locken.
Kooperationen und Übernahmen
China bieten zwar viel Kapital um Filmprojekte zu finanzieren, trotzdem wollen Chinesen auch selbst bei der filmischen Umsetzung kreativ beteiligt werden. Dies geschieht am besten durch Kooperationen mit amerikanischen Filmstudios wie das Beispiel Oriental Dreamworks 东方梦工厂 zeigt. Oriental Dreamsworks ist eine amerikanisch-chinesische Filmproduktionsfirma, die im Jahre 2012 von Dreamworks Animation und chinesischen Investoren gegründet wurde. Der neuste Film: „Kung Fu Panda 3“ der zu einem Drittel in China produziert wurde. Mit einer Einspielsumme von über 149 Million US-Dollar ist „Kung-Fu Panda 3“ der erfolgreichste Animations-Film in China. Die hohen Einspielsummen lassen auch die amerikanischen Partner profitieren, wodurch sich eine klare Win-win- Situation abzeichnet. Der Wanda-Konzern 万达集团 , der unter anderem Chinas größte Kino-Kette betreibt, kaufte im März 2016 den amerikanischen Filmriesen Legendary Entertainment für eine Summe von 3,5 Milliarden Dollar. Das Tochterunternehmen Legendary Picutres produzierte Filme wie „Batman Begins“, „Inception“, „Interstellar“ und den derzeit laufenden Film „Warcraft: The Beginning“. Derzeit wird „The Great Wall“ unter der Regie von Zhang Yimou 张艺谋 produziert. In den Hauptrollen sind Matt Damon und Andy Lau aktiv. Der Film soll im Februar 2017 in die Kinos kommen.
Chinesischsprachige Filme mit Heimvorteil
Dass der chinesische Markt für amerikanische Filme eine wichtige Einnahmequelle darstellt ist unbestritten. Nichtsdestotrotz genießen chinesischsprachige Filme größere Popularität und Zuspruch unter den Chinesen, da sie die eigenen kulturellen Werte und Traditionen widerspiegeln und somit näher am Leben der Chinesen angesiedelt sind. Die heimische Filmindustrie birgt also enormes Potential und genau das hat ein bekanntes amerikanisches Regie-Duo erkannt. Die Rede ist von Joe and Anthony Russo, welche bei Marvel’s „Captain America“-Reihe die Regie führten und somit ausreichend Know-How und Erfahrung in der Filmbranche mitbringen. Mit dem Start-up Anthem&Song möchten sie für den boomenden chinesischen Filmmarkt gezielt chinesisch-sprachige Filme entwickeln und produzieren. Bei einem Interview mit der Zeitschrift „The Hollywood Reporter“ äußerten sich das Duo zum Start-up wie folgt: „Es geht wirklich darum, das chinesische Kino zu stärken, deshalb ist die Zusammenarbeit mit den Chinesen, ob auf finanzieller oder kreativer Weise, unsere Prioriät.“
Wird China zum neuen Hollywood?
China bietet neben einer soliden Kapitalstruktur für ausländische Filmemacher und Schauspieler auch einen reichen Ideen-Pool, um frischen Wind ins alte Hollywood und ins internationale Filmgeschäft zu bringen. Amerika, auf der anderen Seite, kann von der aufstrebenden Filmindustrie im Reich der Mitte ebenfalls profitieren, da die chinesischen Kinobesucher einen wichtigen Absatzmarkt für amerikanische Filmemacher bieten. Unterm Strich kann mit der Expertise und Erfahrung der US-Partner Chinas eigener Filmmarkt nicht nur qualitativ an Hollywood heranrücken, sondern in naher Zukunft auch einen eigenen Filmriesen erschaffen, der die chinesische Kunst der Geschichtenerzählung mit der amerikanischen Erfolgsformel zum Filmemachen in Einklang bringt.
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